Auf nichts Unumstößliches stoßen Leserinnen und Leser in diesem Blog. Alles ist Überlegung, nichts Überlegenheit. Standpunkte sind springende Punkte und Punktlandungen selten.
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Donnerstag, 27. März 2014

Impressionen aus der Województwo Lubuskie - Tour am Samstag von Gubin nach Bronków

Es regnet anfangs noch nicht. Im Gegenteil. Ich fahre ohne Jacke im T-Shirt und überlege allen Ernstes, auch Schuhe und Strümpfe auszuziehen und die Hosenbeine hochzukrempeln (Ende März), als sich der Himmel über mir verfinstert. Wetterumschwung. In einem der Bus-Wartehäuschen, mit denen Polen geradezu übersät ist, umhülle ich mein Gepäck und mich mit wasserabweisenden Textilien.


Weiter geht es in strömendem Regen. Ich habe es nicht mehr weit, aber sehr nass. Als ich Bronków erreiche, tropft an meinem Fahrrad und mir, was tropfen kann, also alles. Dennoch lese ich erstaunlich gut gelaunt auf der total durchnässten und fast aufgeweichten Anfahrtsbeschreibung: "In Bronków am Kruzifix (Kreuz) links in den Sandweg einbiegen (50 m)."


Problem: In Polen wimmelt es nur so vor Kruzifixen. Allein an der Bronkówer Dorfstraße sehe ich zwei und alle von der Dorfstraße abzweigenden Wege sind sandig, genau genommen (wetterbedingt) matschig. In akkurat welchen Sandweg muss ich einbiegen?


Aber die meisten Polen sind nette Leute. Ein Mann, der mich in etwa mittig zwischen den beiden Kruzifixen stehend nach etwas Ausschau halten sieht und wohl ahnt, wohin ich will, spricht mich an: "Hotel? Center?" "Tak, Center Hotel", antworte ich. Er zeigt zum Wald und sagt: "Na prawo, na prawo."
Die Unterkunft ist erwartungsgemäß schlicht, nichts TÜV-geprüft und die Einrichtung irgendwie zusammengestoppelt: alles leicht windschief, improvisiert, seit langem gut benutzt und kein Möbelstück passt zum anderen. Ich fühle mich wohl. Schlimm ist lediglich das blau-gelb gekachelte Stück Wand über der Spüle in farblicher Abstimmung (?) zum blauen Müllbeutel in gelbem Abfalleimer. 













Egal. Ich gucke woanders hin. Zwischen Haustür und Rahmen bleibt, wenn man die Tür schließt, ein Spalt von etwa 1/2 Zentimeter für Frischluftzufuhr. Die Dachrinne ist löchrig, so dass vorm Häuschen Wasser rhythmisch in Pfützen tropft, zwischen denen - vor Nässe oder auch Nagetierzähnen kaum geschützt - die Elektroleitung auf dem Boden liegt und durch eine Wandbohrung nach innen führt. Schaurig!


Allerdings bin ich dankbar für den Strom. Eine kleine Elektroheizung hängt nämlich im Häuschen an der Wand und funktioniert. Vor ihr hänge ich auf, was trotz wasserabweisender Regenhüllen nass geworden ist, und schalte sie ein.


Das Doppelbett ist durchgelegen, seitlich leicht abschüssig und so bemessen, dass es mir reichlich Platz bietet, jedoch für zwei Schläfer recht eng sein dürfte. Die hölzernen Wandverkleidungen und Bilderrahmen neben und über ihm sind sichtbar bewohnt...  Den Abend verbringe ich lesend unter der Zudecke: Bücherwurm grüßt Holzwurm.

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