Auf nichts Unumstößliches stoßen Leserinnen und Leser in diesem Blog. Alles ist Überlegung, nichts Überlegenheit. Standpunkte sind springende Punkte und Punktlandungen selten.
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Dienstag, 23. Juli 2013

Tag 14 Fahrradurlaub (nicht von, sondern mit ihm)

--> Tag 13

Am Morgen schon wieder Packen. Das Packen ist das, was mich richtig nervt, aber gut gepackt, ist halb gewonnen. Wen oder was? Unbeschwerliches Fahren. Auf geht es Richtung Spremberg. Vor der Stadt graut mir, ich stelle sie mir schrecklich vor, die Karte zeigt ein Industriegebiet.

Zunächst jedoch Wälder und Felder und Hitze. In Rollmühle kurz vor Neustadt durchquere ich eine Furt, die Spree fließt hier über bräunliches Gestein und weiter als bräunliches Gewässer und braun werden mein Fahrrad, mein Gepäck und ich zunehmend auch. Die Luft ist geschwängert mit feuchtem bräunlichen Staub. Egal.

Mich erreichen mehrere SMS, obwohl ich noch 1 ½ Tage Urlaub habe. Es sind jedoch keine Rückrufe, sondern interessierte Nachfragen meinen aktuellen Aufenthaltsort betreffend bzw. Neuigkeiten über meine in Pflege befindlichen Haustiere. Zwei der SMS kann ich noch beantworten, bevor mein Handy sich ausschaltet und trotz des noch ausreichend geladenen Akkus zunächst nicht wieder einschalten lässt. Auch dem Handy ist zu warm.

Spremberg mag eine hässliche Industriestadt sein, ich erkunde es nicht näher. Ich begegne allerdings sehr heruntergekommenen Menschen: am Vormittag – vorsichtig formuliert – schon nicht mehr nüchtern und sehr offensichtlich ohne sinnvolle Beschäftigung. Sie lassen Rückschlüsse auf den Charakter der Stadt zu, an deren östlichem Rand ich fahre. Der Radweg liegt sogar an der Spree, ist links und rechts von Bäumen umgeben und macht Spaß. Allerdings sorgt die Hitze dafür, dass ich keine klaren Konturen mehr sehe, es flimmert vor meinen Augen. Ich halte eine Treppe für eine geneigte Ebene und rattere recht unsanft hinunter. Es sind jedoch nur wenige Stufen und ich falle erst, als ich schon unten bin. Zunächst keine spürbare Verletzung an mir, aber eine sicht- und spürbare am Fahrrad: Am rechten Pedal fehlen nun Schutzkappe und Kontermutter, beides finde ich nirgends im Umkreis und der Pedalkörper schlackert fortan auf der Achse. Ich nehme es gelassen und setze meinen Weg fort.

Fast bin ich dann schon in Cottbus. Die Talsperre Spremberg zieht eher an mir vorbei, als dass ich an ihr vorbei zöge. Leider löst der Cottbusser Zeltplatz Fluchtinstinkte in mir aus. Er liegt mitten in einem Feriendorf und ist voll mit lärmenden Menschen. Gesprächen an der Anmeldung entnehme ich, dass für den Abend eine Grillparty geplant ist. Aus mehreren Radios dudelt Musik unterschiedlicher Sender gleichzeitig. Nö! So endet mein Urlaub bitte nicht! Ich ziehe schlecht gelaunt weiter.

Nach dem Gesetz der Gemeinheit sehe ich von den vielen Schildern, die es in Cottbus gibt, genau das zum Bahnhof weisende, aber keines zu einem anderen als dem eben gemiedenen Zeltplatz. Die Pedale auf derselben Seite, an der mein Bein vor 3 ½ Jahren zwar chirurgisch repariert worden, aber letzlich dennoch instabil ist, wackelt noch immer, gibt jedem meiner Tritte nach und löst wenig Vorwärtsbewegung, stattdessen nun doch Schmerz im Bein aus. Das Handy streikt hitzebedingt nach wie vor. Auf dem Zeltplatz, der seinem Namen mit kaum noch Platz wenig Ehre macht, ist Party und Cottbus hässlich... Reicht. Radtour zu Ende. Das letzte Stück fahre ich mit dem Zug.

Im Zug bessert sich meine Laune, obwohl mir Blicke aus dem Fenster wie auf die Karte sagen, dass ich lohnenswerte Landschaft verpasse. Die hebe ich mir für einen Wochenendausflug im kühlen Herbst auf, wenn mein Bein sich erholt hat, das Fahrrad repariert ist.

An jedem Bahnhof – nicht Haltepunkt – die vermutlich witzig gemeinte Durchsage: „Bitte achten Sie beim Aussteigen auf die Lücke zwischen Zug und Bahnsteigkante sowie auf Ihr Gepäck!“ Ich nähere mich Berlin, man entnehme es den Ansagen. Aber ich freue mich auf meine Wohnhöhle, siehe Tag 1.

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